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Das Hörzentrum in unserem Gehirn ist ein biologischer Hochleistungsrechner, der nie Pause macht: Rund um die Uhr analysiert und verarbeitet es die eintreffenden Klangmuster – sogar wenn wir schlafen. Es ist in der Lage, unwichtige Geräusche zu unterdrücken und selbst aus einem komplexen Klang-Mix die für uns wichtigen Bestandteile herauszufiltern, um sie verstärkt an unser Bewusstsein weiterzugeben. Auf diese Weise schützt uns unser Hörzentrum vor einer Reizüberflutung. Aber wie funktioniert das genau? Wie schafft es unser Gehirn, aus dem uns umgebenden Klangchaos die richtigen Töne herauszufiltern? Dahinter steckt ein hochkomplexer, in den Jahrmillionen der Evolution gewachsener und verfeinerter Prozess, den wir in diesem Artikel beleuchten.

Die Verbindung von Ohr und Gehirn

Wenn unser Ohr ankommende Geräusche eingefangen und in der Hörschnecke in elektrische Impulse umgewandelt hat, dann fängt die „Hörarbeit“ erst richtig an. Denn jetzt muss unser Gehirn die hochkomplexen Nervenimpulse blitzschnell entwirren, analysieren und richtig deuten.
 
In einem ersten Schritt zerlegt das Hörzentrum die in Form von neurologischen Signalen eintreffenden komplexen Wellenformen in ihre Hauptbestandteile: Tonhöhe (Frequenz) und Lautstärke (Amplitude). Danach vergleicht es die analysierten Wellenformen mit gespeicherten Mustern (Erinnerung).

Auf diese Weise ist unser Gehirn in der Lage zu erkennen, welchen Ursprung ein Geräusch hat und welche Bedeutung ihm beizumessen ist. Beispielsweise, ob es sich um Sprache handelt oder um ein Geräusch, das Gefahr signalisiert. So wird zum Beispiel Windrauschen oder das Stimmengewirr in einem Restaurant für unser Bewusstsein ausgeblendet, während die Stimme unserer Gesprächspartnerin oder unseres Gesprächpartners herausgefiltert und verstärkt wird, damit wir sie bzw. ihn besser verstehen. Diese permanente automatische Bewertung ist unverzichtbar, weil wir uns unmöglich ständig auf alle uns umgebenden Geräusche konzentrieren könnten.

Beheimatet ist die Fähigkeit zur Unterscheidung von relevanten und irrelevanten Geräuschen übrigens in der linken Hirnhälfte, wie eine deutsche Studie erst kürzlich gezeigt hat. Und: Obwohl unser Gehirn meist „automatisch“ entscheidet, welche Geräusche wir wahrnehmen sollen, können wir auch ganz bewusst darauf Einfluss nehmen, indem wir uns auf ein spezifisches Geräusch konzentrieren. Etwa auf eine ganz bestimmte Stimme in einem Raum voller Menschen oder auf ein einzelnes Instrument bei einem Orchesterkonzert.

Droht Gefahr? Unser Hörzentrum schläft nie!

Egal wie lange und wie tief wir schlafen: Unser Hörzentrum (Fachleute nennen es auditiver Cortex) ist nie ganz abgeschaltet. Damit sich der Rest des Gehirns und der Körper erholen können, blendet es jedoch fast alle eintreffenden Geräusche einfach aus. Das können die Regentropfen am Fenster sein, aber auch das laute Rattern vorbeifahrender Züge.

Doch wenn ein potenziell wichtiges Geräusch unser Gehör erreicht, sind wir sofort hellwach. Beispielsweise, wenn eine Mutter ihr Baby weinen hört. Oder wenn die nächtliche Stille von einem ungewöhnlichen Geräusch wie einem Schrei oder einem Knall zerrissen wird.

Die Firewall in unserem Kopf

Der auditive Cortex bildet also eine Art natürlichen Filter, der uns Tag und Nacht vor einer Reizüberflutung schützt, die in manchen Fällen sogar eine auditive Verarbeitungs- und Wahrnehmungsstörung auslösen kann. Einen Schutz vor einer Reizüberflutung kann zum Beispiel professioneller Gehörschutz bieten.

Diese innere Firewall ist für unser Wohlbefinden und unsere Gesundheit unverzichtbar – ganz besonders in einer Welt, in der sämtliche Sinne pausenlos mit Reizen bombardiert werden.
 
Allerdings: Damit unser Hörzentrum diese wichtige Filterfunktion erfüllen kann, ist es auf gut funktionierende Ohren angewiesen. Denn nur, wenn das Gehirn mit vollständigen und intakten akustischen Informationen versorgt wird, kann es erkennen, welche Geräusche wichtig sind und welche ausgeblendet werden müssen.

Darum ist es enorm wichtig, sich um sein Gehör zu kümmern und es konsequent zu schützen (Stichwort: Gehörschutz am Arbeitsplatz). Und sollte sich irgendwann doch ein Hörverlust bemerkbar machen, dann darf der Besuch bei der Hörakustikerin bzw. beim Hörakustiker nicht zu lange hinausgezögert werden – denn schon nach wenigen Jahren kann es für eine Kompensation mittels Hörgerät zu spät sein. Der Grund: Unser Gehirn verlernt das Hören, wenn es über längere Zeit nicht mit ausreichend Klängen versorgt wird.

Können Sie aktiv zuhören?

Umgebungen mit einem lauten Gemisch aus unterschiedlichsten Geräuschen bedeuten immer eine Herausforderung für unser Gehör. Ganz besonders an Orten, wo viele Leute kreuz und quer durcheinanderreden und im Hintergrund auch noch Musik läuft, also zum Beispiel in gut besuchten Restaurants und Bars.

Für Menschen mit einem Hörverlust kann der Aufenthalt an solchen Orten regelrecht frustrierend sein, auch wenn der Hörverlust nur gering ist. Aus dem einfachen Grund, weil sie dort nicht in der Lage sind, einem Gespräch normal zu folgen. Der Verlust der sogenannten Cocktailparty-Fähigkeit ist ein häufiges und frühes Phänomen einer Hörminderung.
 
In solch schwierigen Hörsituationen fällt ein Hörverlust am leichtesten auf. Aktiv zuhören bedeutet, dass man sein Gegenüber wirklich verstehen möchte. Bei lauten Hintergrundgeräuschen ist das Menschen mit einer Hörminderung fast überhaupt nicht möglich.

Sprache interpretieren

Sprache, die unser Ohr erreicht, ist nichts anderes als ein komplizierter Schallwellen-Mix. Diesen Mix zu entwirren und zu entschlüsseln ist eine gewaltige Leistung unseres Gehirns.

Denn es gibt massive Hürden zu meistern, beispielsweise das Problem der Einheitenbildung: Wie schafft es unser Hörzentrum, einen gesprochenen Satz so zu unterteilen, dass seine Bestandteile mit Mustern im Gedächtnis abgeglichen werden können? Spontan würde man vermuten, dass diese Einheiten die einzelnen Wörter sind. Doch das funktioniert nicht, weil die Wörter beim Reden in fast allen Sprachen fließend ineinander übergehen. Auch die Buchstaben sind keine geeignete Einheit, weil sie je nach Wort und Betonung unterschiedlich ausgesprochen werden.

Weitere Erschwernisse beim Hören und Verstehen von Sprache: unterschiedliche Tonhöhen je nach Stimmung und Stimmlage der sprechenden Person, Akzente, Dialekte und variierende Sprechgeschwindigkeiten. All diese Faktoren beeinflussen den Klang des Gesprochenen stark, wodurch von Person zu Person ganz unterschiedliche Muster entstehen, auch wenn der gesprochene Satz exakt derselbe ist.

Mit alldem kommt unser Gehirn bei der Interpretation von Sprache scheinbar mühelos zurecht – und das in einem gewaltigen Tempo: Bei normaler Sprechgeschwindigkeit nehmen wir bis zu 14 Sprachsignale pro Sekunde wahr. Wird die Sprechgeschwindigkeit auf bis zu 60 Signale pro Sekunde erhöht, ist der Inhalt für uns sogar noch besser verständlich.

Hier kann selbst modernste Computertechnologie nicht mithalten: Bis heute gibt es kein Spracherkennungsprogramm, das gesprochene Sprache ebenso zuverlässig schnell erkennt wie ein Mensch.

Uns selbst hören wir am lautesten reden

Damit wir uns mit unserem Bewusstsein aufs Wesentliche konzentrieren können, besitzt das Hörzentrum in unserem Gehirn die Fähigkeit, wichtige von unwichtigen Geräuschen zu unterscheiden bzw. unsere Konzentration gezielt auf etwas Bestimmtes zu lenken, beispielsweise auf eine Gesprächspartnerin oder einen Gesprächspartner.

Wie eine US-amerikanische Studie gezeigt hat, geschieht dies, indem beim Zuhören und Sprechen die Aktivität in spezifischen Regionen unseres Hörzentrums verstärkt oder gedämpft wird. Wenn wir selbst reden, geschieht etwas Erstaunliches: Damit wir im Stimmengewirr anderer Menschen oder in lauter Umgebung unsere eigene Stimme ausreichend gut hören können (dies ist nötig, um sie dynamisch den herrschenden Anforderungen anzupassen), sorgt unser Gehirn gezielt dafür, dass wir uns selbst stets laut genug sprechen hören.

Das Hörzentrum: klein, aber oho!

Aber wo steckt dieses Hörzentrum, das rund um die Uhr all diese Wunder für uns vollbringt? Und wie groß ist es? Die Antwort ist fast unglaublich: Der auditive Cortex ist nicht größer als ein Daumennagel und liegt „versteckt“ in einer Windung der Großhirnrinde. Tatsächlich haben wir sogar zwei Hörzentren, eines in der linken und eines in der rechten Gehirnhälfte. Jedes davon besteht aus elf verschiedenen auditorischen Feldern, die zusammen für die ganze Palette von wahrnehmbaren Schallfrequenzen zuständig sind. Neuere Experimente zeigen, dass es eine Art Arbeitsteilung zwischen dem linken und dem rechten Hörzentrum zu geben scheint.
 
Beispielsweise spielt der auditive Cortex der linken Gehirnhälfte die Hauptrolle bei der Interpretation, also beim Erkennen der akustischen Signale. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler konnten auch zeigen, dass die beiden Seiten unseres Hörzentrums permanent in einem regen Austausch stehen.

Die Sinne spielen zusammen  

Nicht nur die beiden Hörzentren in unserem Gehirn kommunizieren: Sämtliche Sinne sind miteinander verknüpft, also auch das Hören mit dem Sehen. So haben Untersuchungen gezeigt, dass jeder Mensch eine natürliche Fähigkeit zum Lippenlesen besitzt. Sobald wir Mundbewegungen sehen, die durch Sprechen erzeugt werden, wird unser Hörzentrum aktiviert – selbst wenn absolute Stille herrscht. Wir alle kennen diesen Effekt aus eigener Erfahrung: Wir verstehen besser, was eine Person sagt, wenn wir sie dabei anschauen. Andere zwischenmenschliche Kommunikationswege, beispielsweise über Grimassen, lassen den auditiven Cortex hingegen völlig kalt.

Tinnitus: Selbstgespräch der Nervenzellen

Die erstaunliche und unverzichtbare Fähigkeit unseres Hörzentrums, relevante Geräusche gezielt hervorzuheben und zu verstärken, kann sich im ungünstigen Falle auch gegen uns wenden. Wie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler vermuten, steckt nämlich derselbe Mechanismus hinter der Entstehung von Tinnitus. Konkret: Wenn aufgrund einer – meist altersbedingten – Abnahme der Hörfähigkeit bestimmte Frequenzen immer seltener ins Hörzentrum gelangen, versucht das Gehirn, diese Frequenzen „lauter zu drehen“ – selbst dann, wenn diese gar nicht wirklich gehört wurden. Auf diese Weise wird im Gehirn ein Ton generiert, den es gar nicht gibt. Tinnitus entsteht also oftmals nicht durch einen Fehler im Ohr, sondern durch Veränderungen im Gehirn. Manche Expertinnen und Experten bezeichnen Ohrensausen daher als „Selbstgespräch der Nervenzellen“.

Unser Gehör braucht Training

Menschen mit einer Hörminderung haben häufig Schwierigkeiten, Sprache in geräuschvollen Umgebungen problemlos zu verstehen. Der Grund: Mit abnehmender Hörfähigkeit verschlechtert sich auch ein wichtiger Aspekt der zentralen Hörverarbeitung im Gehirn, die sogenannte Filterfunktion. Die gute Nachricht: Ein speziell entwickeltes Gehörtraining kann in Kombination mit modernen Hörsystemen eine deutliche Verbesserung bringen, indem die „abgestellten“ Hörfilter im Gehirn wieder neu aufgebaut werden. Auch gibt es bestimmte Aktivitäten, um Gehör und Gehirn gleichermaßen zu trainieren.

Wenn das Gehör nicht mehr funktioniert

Was also tun, wenn Sie eine Veränderung Ihrer Hörfähigkeit bemerken? Da gibt es mehrere Möglichkeiten: Zuallererst heißt es Ruhe bewahren und die Ursache für Ihren Hörverlust herauszufinden. Das kann durch einen kostenlosen Online-Hörtest geschehen, um eine erste Einschätzung zu bekommen. Sie können aber auch direkt einen Termin bei Ihrer HNO-Ärztin bzw. Ihrem HNO-Arzt oder Ihrer Hörakustikerin bzw. Ihrem Hörakustiker vereinbaren, um einen kostenlosen Hörtest zu machen.
Danach gibt es mehrere Möglichkeiten – je nach Ursache Ihrer Hörminderung. Vielleicht ist Ihr Ohr nur verstopft und Ihre HNO-Ärztin oder Ihr HNO-Arzt entfernt das überschüssige Cerumen (Ohrenschmalz). Wenn der Hörtest einen Hörverlust ergibt, kann womöglich ein Hörgerät helfen. Es kann aber auch eine Ohr-Erkrankung dahinterstecken, daher sollten Sie nicht allzu lange zuwarten.